Privatbahnforum

Verfasst von ölfuss am 13. Dezember 2005 18:06 (IP gespeichert)

Orginalartikel der DLZ

Anm.: Dithmarscher Landeszeitung vom 13.12. ,berichtet sonst fast wöchentlich positiv über NOB





Fehlstart der Nord-Ostsee-Bahn
Tochterunternehmen der französischen Connex-Gruppe rollt seit Sonntag auf der Marschbahnstrecke

Von Ralf Tiessen

Heide – Seit Sonntag verkehren die Züge der Nord-Ostsee-Bahn (NOB) auf der Strecke Hamburg/Westerland, der so genannten Marschbahn. Gestern Morgen haben wir Pendler auf dem Weg zur Arbeit begleitet.

Es ist 5.45 Uhr, in genau neun Minuten soll die NOB mit der Zug-Nummer 80503 den Heider Bahnhof in Richtung Hamburg-Altona wieder verlassen. Um 7.24 wären die Fahrgäste laut Fahrplan in Hamburg. Sie wären, sind es aber nicht. In die Kreisstadt rollt der Zug bereits mit 45 Minuten Verspätung ein. „Das ist ja nicht so schön“, kommentiert Einar Johannsen die Unpünktlichkeit der Connex-Tochter. Seit eineinhalb Jahren pendelt der Wesselner zwischen Heide und Meldorf mit der Bahn. „Mit meinem Chef habe ich aufgrund der Fahrplanänderungen vereinbart, dass ich ab heute später anfangen kann, und jetzt kommt auch noch diese Verspätung dazu“, ärgert sich der 33-Jährige.

Auch Hans-Georg Weinreich wartet auf Bahngleis zwei auf die NOB. „Ich darf meinen Anschlusszug in Hamburg nach Usedom nicht verpassen“, sagt der 56-Jährige. „Nun muss ich den Intercity nehmen, das kostet wieder zusätzlich.“ Was Weinreich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß. Mit der Verspätung der NOB, verzögern sich auch alle anderen Züge, so auch der IC.
Kein schöner Anblick: 30 Minuten Verspätung zeigte die Anzeigetafel gestern früh auf dem Heider Bahnhof an, tatsächlich sind es 45 Minuten geworden. Ein misslungener Start für die Nord-Ostsee-Bahn, die seit Sonntag für den Betrieb der Marschbahnstrecke verantwortlich ist.
Kein schöner Anblick: 30 Minuten Verspätung zeigte die Anzeigetafel gestern früh auf dem Heider Bahnhof an, tatsächlich sind es 45 Minuten geworden. Ein misslungener Start für die Nord-Ostsee-Bahn, die seit Sonntag für den Betrieb der Marschbahnstrecke verantwortlich ist. Foto: Tiessen

Seit nunmehr zwei Jahren pendelt Reinhard Rohde aus St. Michaelisdonn mit der Bahn nach Itzehoe. „Ich arbeite im öffentlichen Dienst, und dann heißt es: Warum ist der Herr Rohde noch nicht am Arbeiten?“, ärgert sich der 42-Jährige. Für Pendler sei es „nur wichtig von A nach B zu kommen“, verdeutlicht Rohde. „Der Service, den die NOB verspricht, ist gut, aber den möchte ich überhaupt nicht. Meinen Kaffee und mein Brötchen bekomme ich zu Hause günstiger.“ Ein Verbesserungsvorschlag von Rohde: „Wenn die NOB die Preise reduzieren würde, dann würden viel mehr Pendler das Angebot auf den Schienen nutzen.“

Mike Kühl aus Wöhrden wundert sich am Montagmorgen nicht mehr all zu sehr. „Ich bin bereits gestern Abend mit der NOB nach Hamburg gefahren.“ Er wollte das Eishockey-Spiel der Hamburg Freezers in der Hansestadt besuchen. Bewusst hat er einen Zug früher gewählt, um pünktlich in Hamburg zu sein. „In Elmshorn mussten wir auf einen Zug der Deutschen Bahn umsteigen, kurze Zeit später wurde erzählt, dass ein NOB-Zug aufgrund eines Lokschadens die Strecke blockiert.“ „Fünf Minuten vor Spielbeginn waren wir in der Halle.“ Der Wöhrdener hatte noch Glück. Schlechter erging es Claudius Mayr aus Großenrade. Am Sonntag wollte er um 22.25 Uhr mit der NOB von St. Michaelisdonn nach Heide, um von dort mit einem Anschlusszug nach Alberdorf zu fahren. „In St. Michel kam die NOB mit einer Stunde Verspätung an, selbst wenn ich mitgefahren wäre – der letzte Anschlusszug in Heide war schon 15 Minuten weg“, bedauert Mayr. Seine Mutter hat ihn abgeholt und mit dem Auto nach Albersdorf gefahren.

Da ist nicht viel vom Service vorhanden, den die NOB zuvor allen Fahrgästen der Marschbahn versprochen hat. Rund 100 neue Mitarbeiter sind eingestellt worden. Einer von ihnen ist Sebastian Czerwinski aus Husum. Er ist gelernter Bäckergeselle und seit gestern als Zugbegleiter zwischen Westerland und Hamburg unterwegs. „Ich helfe den Fahrgästen beim Ein- und Aussteigen und sorge für Sicherheit im Zug“, erklärt der 22-Jährige. In den vergangenen Wochen hat er sich auf die neuen Aufgabenbei der NOB vorbereitet und wurde eigens dafür geschult. Die Frage, warum es zur Verspätung gekommen ist, konnte er den Fahrgästen gestern früh allerdings auch nicht beantworten.



„Kinderkrankheiten“

Was sagt der Betreiber der Bahnstrecke Hamburg/Westerland, die NOB, zum peinlichen Start? „Wir arbeiten mit Hochdruck an der Lösung unserer Probleme“, sagt Pressesprecherin Suzanne Thomas gestern Vormittag auf Nachfrage unserer Zeitung. Es seien ganz neue Waggons im Einsatz, bei denen jetzt Kinderkrankheiten auftreten. „Die Türen bereiten uns sicherheitsrelevante Probleme, sowohl beim Öffnen, als auch beim Schließen“, erklärt Thomas. „Der Lokführer bekommt eine Fehlermeldung angezeigt und muss diesem Mangel auf den Grund gehen.“ Oft seien es schwerwiegendere Fehler in der Technik, die „nicht so schnell vor Ort behoben werden können“, schildert die Pressesprecherin die Situation. Von den durchfahrenden Zügen sind „etwa 15 betroffen gewesen“, so Thomas.

„Der Zug mit der Nummer 80503 (Mit dem auch wir gefahren sind – Anmerkung der Redaktion) hat bereits in Westerland den Bahnhof mit 40 Minuten Verspätung verlassen.“ Erst gegen Mittag normalisierte sich der Fahrplan wieder. „Momentan fahren unsere Züge annähernd pünktlich“, teilte uns Suzanne Thomas gestern Nachmittag auf erneute Nachfrage erfreut mit.

„Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns bei unseren Fahrgästen zu entschuldigen.“ Für Probleme steht die NOB-Telefonzentrale unter 01 80/1 01 80 11 zur Verfügung. „Aufgetretene Zugverspätungen werden wir gegen Vorlage der Fahrkarte mit 50 Prozent des Fahrpreises erstatten“, verspricht Thomas.

Und was ist mit dem Vorfall des Rollstuhlfahrers? (siehe Bericht unten) „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so gewesen sein soll“, sagt die Pressesprecherin. „Aber Rollstuhlfahrer wissen, dass sie ihre Fahrt zuvor bei uns anmelden müssen, damit ein Kundenbetreuer parat steht, damit die manuell zu bedienende Rampe ausgefahren werden kann“, erklärt Thomas.




Heimfahrt mit Hindernissen

Heide (us) Sonntagabend, 19.29 Uhr. Langsam rollt der Zug der Nord-Ostsee-Bahn (NOB) aus Westerland in den Heider Bahnhof. An Gleis zwei klatschen die Fahrgäste Beifall. Es ist hämischer Applaus. Mehr als eineinhalb Stunden haben die Menschen bei kaltem Wetter gewartet. Planmäßige Abfahrt: 18.02 Uhr.

Kai Neumann betrachtet das Szenario aus einer besonderen Perspektive. Der 42-Jährige sitzt im Rollstuhl, leidet unter Multipler Sklerose. Nach einem Familienbesuch wollte er die Heimfahrt nach Hamburg antreten. „Ich bat die Bahnbedienstete, mir beim Einsteigen zu helfen. Doch mir wurde jede Unterstützung glatt verweigert“, empörte sich der schwerstbehinderte Mann. „Um Punkt 18.15 Uhr schloss die Angestellte die Tür ihrer Dienststelle auf dem Bahnsteig hinter sich zu. Sie hätte jetzt Feierabend und sei für die Probleme der NOB nicht zuständig.“

Als der Niederflur-Zug eintraf, gab es technische Probleme. Die Türen klemmten. Die in Aussicht gestellten Kundenbetreuer waren nicht zu sehen. Damit Kai Neumann mit seinem schweren Rollstuhl ins Abteil kam, mussten vier Fahrgäste anpacken.